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Für Numismatiker, Sammler und Händler

15.06.2016

Kostbar und reich sortiert

Herzogliches Münzkabinett im Gothaer Schloss Friedenstein bietet nicht nur für Sammler einen ungewohnten Augenschmaus

Im Rahmen ihres Jahrestreffens in Gotha haben Mitglieder des Verbands der deutschen Münzenhändler am 10. Juni 2016 das Schloss Friedenstein besichtigt und wurden von Uta Wallenstein auch durch das von ihr geleitete Münzkabinett geführt. In einem der zur Forschungsbibliothek gehörenden Räume ist die kostbare Einrichtung aus der Barockzeit erhalten. Das barocke Deckengemälde stellt die vier damals bekannten Kontinente Europa, Afrika, Asien und Amerika dar und deutet die Vielseitigkeit der von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha im Jahr 1713 gegründeten Münz- und Medaillensammlung an. In weiser Voraussicher hatte der Her über das kleine thüringische Herzogtum verfügt, dass sein über alles geliebtes Münzkabinett mit Beständen von der Antike bis zur Barockzeit immer beieinander bleiben soll und Teile aus ihm niemals verkauft werden dürfen. Die Nachfolger des Herzogs hielten sich an dieses Hausgesetz und förderten die Kollektion durch weitere Ankäufe und die Einstellung bekannter Numismatiker, unter denen Berendt Pick heraus ragt.

Das Aussehen des prächtig ausgestatteten Kabinetts ist durch zeitgenössische Kupferstiche überliefert, und wenn man den in fünfundzwanzigjähriger Arbeit restaurierte Saal mit seinen kostbar dekorierten Münzschränken und den Fächern für die numismatischen Folianten sowie den darauf stehenden vergoldeten Büsten römischer Kaiser besucht, sieht man, dass sich an der originalen Raumausstattung und dem Mobiliar wenig verändert hat. Auf dem Weg zu den Schauräumen des Schlosses Friedenstein kommt man an einer barocken Spindelpresse vorbei, die bei der Herstellung vor allem von Medaillen gute Dienste tat und im m19. Jahrhundert von dem Gothaer Medailleur Ferdinand Helfricht benutzt wurde. Ein Nachbau dieses mächtigen Geräts steht im Museum Alte Münze zu Stolberg im Harz und wird dort zur Prägung von Erinnerungsmedaillen eingesetzt.
Dem ersten, in der Zeit des Gothaer Herzogs Ernst des Frommen angelegten Inventar von 1656 bis 1659 der auf dem Friedenstein aufbewahrten Kunstwerke ist zu entnehmen, dass dort Gemälde, Figuren, "gedrehte Sachen" aus Elfenbein, Holz und anderen Materialien sowie silberne Trink- und Tafelgeschirr, kunstvoll konstruierte Uhrwerke, Messgeräte und andere wissenschaftliche Geräte, aber auch Rüstungen und Kleider, Bücher mit Kupferstichen und nicht zuletzt Skelette sowie "Mineralia, Vegetabilia und Animalia" aufbewahrt wurden. Natürlich fehlten auch "alte und neue Münzen und allerhand Antiquitäten fremder Nationen" in der herzoglichen Sammlung nicht, die dann von Herzog Friedrich II. zu europäischem Rang erhoben wurde. Das Gothaer Münzkabinett wurde schon in der numismatischen Literatur und Reiseführern der Barockzeit als besonders kostbar ausgestattet und reichhaltig sortiert gepriesen. Der kunstbegeisterte Landesherr fügte der von seinen Vorfahren übernommenen Münzsammlung das mit vielen Kostbarkeiten bestückte Kabinett des Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt hinzu und bezahlte dem in finanzielle Schwierigkeiten befindlichen Sammler die enorme Summe von 100 000 Talern. Indem Friedrich II. das Münzkabinett aus seiner Kunstkammer löste und es der Bibliothek angliederte, schuf er günstige Voraussetzungen für die Forschung und die Bearbeitung des Bestandes.

In den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg büßte das Münzkabinett manche Rarität ein. Vor allem antike griechische Münzen sowie prächtige Renaissancemedaillen, aber auch kostbare Gepräge aus Gold sowie Renaissancemedaillen und weitere Preziosen wurden vor der einmarschierenden Sowjetarmee im Auftrage des ehemaligen Herzogshauses Sachsen-Coburg und Gotha nach Coburg verbracht, das in der amerikanischen Besatzungszone lag. Später tauchten numismatische Raritäten in Auktionen in der Schweiz, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf und gelangten so in private Hand. Die Sowjetunion gab 1959 die meisten Stücke der Münzsammlung nach Gotha zurück, sofern sie nicht in Coburg lagerten, ebenso erging es Teilen der Bibliothek, die im Online-Katalog der Forschungsbibliothek Gotha recherchierbar sind. 2001 gelang der Rückkauf lange vermisster Stücke. Durch Vermittlung der Osnabrücker Münzhandlung Fritz Rudolf Künker kehrten herausragende Goldmünzen nach Gotha zurück. Beteiligt an der spektakulären Aktion waren der Freistaat Thüringen, die Kulturstiftung der Länder, die Ernst-von-Siemens-Stiftung und das Kunsthaus Lempertz. Die Heimkehr der Kostbarkeiten war noch in guter Erinnerung, als am 8. November 2011 die Rückführung von 16 000 Münzen und Medaillen aus Coburg nach Gotha als großer Glückstag für Gotha und die Numismatik gefeiert wurde. Trotz des gewaltigen Marktwerts war allen Beteiligten klar, dass die mit Gotha so eng verknüpfte Sammlung nicht zerschlagen werden darf und als Ganzes ins Schloss Friedenstein zurückkehren soll. Besonders interessante und kostbare Stücke werden in einer Sonderausstellung des Münzkabinetts und in verschiedenen Prunk- und Schauräumen des Schlosses hoch über der thüringischen Residenzstadt gezeigt. Helmut Caspar