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Für Numismatiker, Sammler und Händler

31.10.2006

UNESCO-Bescheinigung für einen alten Pfennig?

Drohende Vorschrift alarmiert Münzensammler und –händler / Bundestagsgremien haben ihre Verbände noch nicht angehört

Die deutschen Münzenhändler und Münzensammler sind alarmiert, weil der Bund jetzt das UNESCO-Kulturgutübereinkommen von 1970 in deutsches Recht umsetzen will. Der Grund für die Unruhe landauf und landab: Mit der Umsetzung drohten hohe bürokratische Hürden, die ein beliebtes Hobby letztendlich zum Erliegen bringen könnten.

Der Artikel 1 der UNESCO-Bestimmungen erklärt über 100 Jahre alte Antiquitäten und Münzen "als besonders wichtiges Kulturgut". Für solche Objekte sollen die Vertragsstaaten "geeignete Bescheinigungen einführen, durch die der ausführende Staat bescheinigt, dass die Ausfuhr des betreffenden Kulturguts genehmigt ist." Ohne Bescheinigung sei die Ausfuhr verboten, bei Verstoß eine "Kriminal- oder Ordnungsstrafe zu verhängen".

So übernommen würde das heißen, dass ein für 50 Cent ins Ausland verkauftes Pfennigstück mit der Jahreszahl 1905 eigens mit einer Kulturgutbescheinigung ausgestattet sein muss, eine Silbermedaille oder Taler aus der Zeit davor ebenso. Auf den großen internationalen Börsen und Dutzenden von Münzauktionen in Deutschland wechseln alljährlich Millionen von antiquarisch eingestuften früheren Zahlungsmitteln die Besitzer. Künftig also Millionen von Einzelbescheinigungen? Soll das Alter "über 100" alleiniges Kriterium für "Wert" sein? Sollen ehemals massenhaft hergestellte Umlaufgüter zu schützenswerten Kulturschätzen erklärt werden? Wie soll das in der Praxis aussehen? Überlässt der Fachhändler und der tauschende Sammler seinem ausländischen Partner ungenehmigt eine Münze, wird er dann "kriminell"? Macht er sich künftig strafbar?

Das vor über drei Jahrzehnten geschaffene Regelwerk (Titel: "Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut") ist so unpraktikabel, dass die Niederlande, Belgien und Österreich die Übernahme der UNESCO-Bestimmungen bereits abgelehnt haben. Italien, Schweden und Dänemark haben einzelne, den Münzhandel betreffende Paragraphen revidiert oder gänzlich fallengelassen. Von solchen Schritten könne man in Deutschland bisher, wie auf Börsen und Auktionen zu vernehmen ist, "nur träumen". In Berlin läuft das Anhörungsverfahren - erstaunt registrieren Händler und Sammler aber, dass ihre gesprächsbereiten Interessenverbände bislang nicht angehört worden sind.

Wenn das Gesetz so kommen sollte, heißt es in der Branche, "dann können wir eigentlich nur noch einpacken". Die Verband der deutschen Münzhändler und die Deutsche Numismatische Gesellschaft, die sich traditionell als Kulturhüter verstehen, betrachten die drohende "Überbürokratisierung" mit tiefer Sorge. Die Fachverbände wollen in Berlin gehört werden, um ihre Erfahrungen und Ansichten einbringen zu können. Zumal, da auch verfassungs- und handlungsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden.