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12.01.2015

Schwarz, Rot und Gold

Warum der Adler auf Münzen mal mit einem und mal mit zwei Köpfen erscheint

Seit der Antike erfreut sich der Adler als Wappenzeichen großer Beliebtheit. Der dem Jupiter als Oberhaupt des antiken Götterhimmels geweihte Adler erscheint auf zahlreichen Münzen bis in unsere Tage hinein und ist daher ein interessantes und ausbaufähiges Sammelthema. In der Antike, als man den Adler als Blitzträger darstellte, sowie auf mittelalterlichen Pfennigen erscheint der Raubvogel mit einem Kopf, zu dem sich im frühen 15. Jahrhundert ein zweiter gesellte. Offenbar gab es für die Darstellung des deutschen Reichsadlers keine Regeln, denn mal besitzt das Symbol der höchsten weltlichen Macht im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation einen Kopf und mal zwei Köpfe. Außerdem hält er den Reichsapfel und das Zepter in den Klauen, doch manchmal verzichtet er auf diese Attribute der höchsten Reichsgewalt. In Brandenburg und Preußen diente der einköpfige Adler als Zeichen kurfürstlicher und königlicher Gewalt, während man ihn in Russland, Österreich und weiteren Ländern stets mit zwei Köpfen dargestellte.

Wenn man den deutschen Reichsadler farbig malte, dann stellte man ihn mit schwarzen Federn sowie rotem Schnabel und ebensolchen Fängen dar, während der Hintergrund goldgelb gefasst war. Schwarz, rot und gold beziehungsweise gelb avancierten in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 zur Nationalfarbe der Deutschen. Die Lützowschen Jäger, die vor 200 Jahren gegen die französische Fremdherrschaft kämpften, trugen schwarze Uniform mit roten Aufschlägen und vergoldeten Knöpfen. Ähnlich kleideten sich die Teilnehmer des Wartburgfestes am 18. Oktober 1817 zum Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig, die 1913 die Prägung eines Drei-Mark-Stücks mit der Abbildung des Völkerschlachtdenkmals wert war. Studenten und andere junge Leute riefen 1832 beim Hambacher Fest unter schwarz-rot-goldenen Fahnen zur Überwindung der Fürstenherrschaft und zum Kampf für die deutsche Einheit auf. Auch die Abgeordneten der ersten deutschen Nationalversammlung zogen 1848 unter Schwarz-Rot-Gold in die Frankfurter Paulskirche ein und machten sie damit zur offiziellen deutschen Flagge. Nach dem Untergang des Römisch-deutschen Reiches im Jahr 1806 schmückte sich das neue Kaiserreich Österreich mit dem Doppeladler, und auch die Alpenrepublik führt ihn ab 1918 im Wappen, ergänzt durch Hammer und Sichel in den Klauen.

Im preußisch-deutsch-österreichisch Krieg von 1866 focht Österreich unter diesen Farben, weshalb der damalige preußische Ministerpräsident und ab 1871 deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck mit einer anderen Trikolore in den Farben schwarz, weiß und rot dagegen hielt. Sie besteht aus dem traditionellen Schwarz und Weiß für Preußen und dem Rot der Hansestädte. Die Farben Schwarz, Weiß und Rot wurden 1867 zur Trikolore des Norddeutschen Bundes erhoben und waren nach der Ausrufung des Kaiserreichs am 18. Januar 1871 bis zum Ende der Monarchie 1918 dessen Farbe. Die Weimarer Republik bestimmte Schwarz, Rot und Gold zur Nationalfarbe. Indem die Nationalsozialisten das Banner der ihnen so verhassten Weimarer Republik abschafften, führten sie eine neue Flagge, bestehend aus dem schwarzen Hakenkreuz auf weißem Kreis in der roten Fahne ein. Nach dem Ende der Nazizeit und des Zweiten Weltkriegs stellten die beiden deutschen Staaten die Farben Schwarz, Rot und Gold wieder her. Die DDR ergänzte die Flagge, um sich von der Bundesrepublik Deutschland zu unterscheiden, mit dem Emblem Hammer und Zirkel.

Interesse verdient die Verwandlung des 1871 eingeführten und auf frühen Reichsmünzen abgebildeten "schmalen" Adlers nach der Thronbesteigung des auch an heraldischen Fragen interessierten Kaisers Wilhelms II. 1888 durch eine repräsentativere Version, und demzufolge zeigen alle bis 1918 geprägten deutschen Reichsmünzen diese "breite" Fassung. Das auf die Brust des Wappenvogels gelegte preußische Wappenschild signalisiert unmissverständlich, wer im Kaiserreich das Sagen hat. Diese Dominanz der Hohenzollernmonarchie hat nicht allen gefallen und wurde bis zum Ende der Monarchie von Preußengegnern bekämpft. Erwähnt sei, dass es nach 1900 Bestrebungen gab, der steifen Darstellung des Reichsadlers neues Leben einzuhauchen, doch war nur wenigen Vorschlägen eine Massenprägung beschieden.

Die Frage, ob es bestimmte Regeln für die Darstellung des Adlers auf Münzen der Bundesrepublik Deutschland gibt, kann man mit ja und mit nein beantworten. Der Wappenvogel darf auf den Bundesmünzen immer neu gestaltet werden. Das mögen die einen kritisieren, hingegen empfinden andere den Variantenreichtum als gut und angemessen. Bei Ausschreibungen für den künstlerischen Wettbewerb wird stets darauf hingewiesen, dass Vorder- und Rückseite miteinander harmonieren sollen. Die von den Preisgerichten gefundenen Lösungen mag man als gelungen bezeichnen, manchmal aber kommt man nicht umhin, sie als missraten zu bezeichnen, und dann hagelt es Kritik, die aber an dem Ergebnis nichts mehr ändert. So haben Teile der Öffentlichkeit am ersten deutschen Bundesadler auf dem bekannten silbernen, zwischen 1951 und 1974 geprägten Fünf-Mark-Stück Anstoß genommen, der recht dünn, ja geradezu mickrig daher kommt. Das gleiche widerfuhr dem als "fette Henne" verspotteten Adler auf den zwischen 1975 und 2001 geprägten Fünf-Mark-Münzen und bei anderen Geldstücken.

Wer sich mit der Entwicklung des deutschen Wappenvogels befasst und systematisch sucht und forscht, bekommt eine interessante Serie von den mittelalterlichen Adlerdarstellungen stets mit einem Kopf bis zum heutigen Bundesadler zusammen. In diese Reihe könnte man auch die Wappenvögel anderer Länder wie Russland, Polen und Österreich legen. Wenn wir das österreichische Staatswappen aus der Zeit der k. und k. Monarchie bis 1918 und aus der republikanischen Periode betrachten, dann können wir ähnliche Beobachtungen anstellen. Übrigens trug der Adler der Alpenrepublik nicht immer einen Hammer und eine Sichel in seinen Klauen, denn diese Symbole für die neu gewonnene Freiheit und Demokratie wurden in den 1934 beseitigt, als erzkonservative Kräfte in Österreich an die Macht kamen und sich das nationalsozialistische Deutschen Reich im März 1938 handstreichartig die Alpenrepublik einverleibte. Mit diesem Akt endete Österreichs selbstständige Münzprägung, die nach einer Pause von zwölf Jahren wieder aufgenommen wurde. Zuvor war die Wiener Münze mit dem Kennbuchstaben "B" nur noch für das Deutsche Reich tätig. Der seit 1950 auf Münzen der Zweiten Republik verwendete Adler trägt wieder Hammer und Sichel in den Klauen. Eine gesprengte Kette unterstreicht, dass das Land seine Freiheit und Souveränität zurück gewonnen hat.
Die Doppelköpfigkeit des russischen Adlers wird von Heraldikern auf das Bestreben des Landes nach Symmetrie auf Wappen zurückgeführt, und im Falle des Zarenadlers heißt es, der zweite Kopf unterstreiche den Anspruch der Herrscher aller Reußen, Erben des im 15. Jahrhundert untergegangenen Oströmischen Reichs zu sein. Nach der Beseitigung der Zarenherrschaft durch die Februarrevolution von 1917 hatte der gekrönte Doppeladler im Russischen Reich ausgedient. Sowjetrussland wählte Hammer und Sichel auf der Weltkugel zu seinem Symbol. Seit dem Ende der Sowjetunion erweckte die neu gegründete Russische Föderation den Doppeladler zu neuem Leben. Doch während er auf Münzen ohne jedes Attribut erscheint, verwendet der russische Staat derzeit den gekrönten Zarenadler wie vor 1917 als sein Wappen, womit er an alte Macht und Herrlichkeit anzuknüpfen versucht. Helmut Caspar